Irisdiagnose - Wahrsagerei am Auge?
Die Irisdiagnose ist eine weltweit verbreitete Methode zur Erkennung (Diagnostik) der Erkrankungen allein aus der Iris (Regenbogenhaut). Dabei wird die Iris entweder mit einer Lupe betrachtet oder fotografiert.
Aus den auffälligen Strukturen in den verschiedenen Segmenten der Iris schließt der Therapeut durch die entsprechende Diagnose auf Krankheiten.
Im Computerzeitalter sind seit wenigen Jahren auch bei dieser Methode entsprechende Programme entwickelt worden. Diese ermöglichen es, direkt von einer Kamera die Iris des Patienten auf einen Bildschirm mit hinterlegtem Irisschlüssel zu übertragen. Dadurch soll die Diagnostik vereinfacht sowie sicherer werden.263
Einige Autoren sprechen bevorzugt von der Augendiagnose, da nicht nur die Iris, sondern das gesamte Auge als Spiegel des Körpers nach außen angesehen wird.
Neuen Schätzungen zufolge wird die Irisdiagnose von etwa 80% der Heilpraktiker durchgeführt .264,265 Bislang wenden sie nur wenige Ärzte 266 an, deren Tendenz aber steigend ist. Die Krankenkasse übernehmen die Kosten für die Irisdiagnose nicht.267 Als Entdecker dieser Methode gilt Ignatz von Peczely (1827-1911)268, was aber nur zum Teil richtig ist. Wie bei so vielen der Alternativen Heil- und Diagnosemethoden reichen die Wurzeln der Irisdiagnose weit in die Vergangenheit zurück. Seit etwa zwei Jahrzehnten sehen wir eine vermehrte Hinwendung der Menschen zum Übersinnlichen, was auch zur zunehmenden Akzeptanz verschiedener Alternativer Heilverfahren führt. Auch der christliche Mensch der Neuzeit steht in der Gefahr, sich für Heilformen zu öffnen, die seinem geistlichen Leben Schaden zufügen können.
3.2. Geschichte der Irisdiagnose
Nach Wolff ist die Irisdiagnose über 3000 Jahre alt. Er gibt an, dass die damaligen Irisschlüssel der Feidereinteilung des Tierkreises im Altertum entsprochen habe.269 Auch der Tierkreis war in zwölf Felder, die so genannten Tierkreiszeichen“ eingeteilt. Heute ist der Irisschlüssel z.T. noch immer in zwölf gleichgroße Teile geteilt (stärker durchgesetzt hat sich als Weiterentwicklung die Einteilung der Iris in 360°), die jeweils genau festgelegten Organen oder Körperteilen entsprechen sollen.
Aus anderen Quellen ist bekannt, dass die Chaldäer schon etwa 1000 v.Chr. das Ablesen der Krankheiten aus den Augen kannten. Der Astrologe Libra schrieb Anfang des 19. Jahrhunderts, dass sich im Menschen alles spiegeln würde, was im Kosmos geschehe. Diese Spiegelung finde im ganzen Körper statt, jedoch eigne sich die Iris am besten für die Wahrnehmung.270 Somit seien Erscheinungen an der Iris nicht Folgen von Organstörungen, sondern Erscheinungen, die mit den Organerkrankungen parallel laufen. Beide sollen durch das kosmische Geschehen erzeugt werden.271
Diese Lehren sind in der Augendiagnose des I. v. Peczely und seiner Nachfolger wieder aufgelebt, so dass Peczely als Wiederentdecker der Irisdiagnose gelten kann. Zusammen mit dieser diagnostischen Methode wurde auch die Erkennung der Krankheiten aus den Nägeln und der Zunge verbreitet.272
3.3. Beginn der Irisdiagnose
Um 1838 konnte der damals elfjährige Ignatz Peczely Überlieferungen zu Folge seine Hand aus den Fängen einer Eule nur dadurch befreien, dass er ihr ein Bein brach. Im selben Augenblick sah er einen schwarzen Strich im Eulenauge, der in der Regenbogenhaut fast senkrecht nach unten lief und auch in den folgenden Monaten noch zu sehen war. Aus der Erinnerung an das gebrochene Bein, entwickelte er seine Lehre: Jedes Organ des menschlichen Körpers habe eine bestimmte Stelle in der Regenbogenhaut, die bei Erkrankungen des Organs Veränderungen aufweise.273
Wie kann die Beobachtung des jungen Peczely erklärt werden? Die ursprüngliche Vermutung, dass sich die Pupille bei Eulen unter Lichteinfall schlitzförmig verengt274, konnte nicht bestätigt werden. Die sicherste Erklärung wird nach mehrfachen photographischen Aufnahmen von Wöhlisch geliefert. Beim Lidschluss zieht die Nickhaut von oben-innen nach unten-außen über die Hornhaut. Bei langsamer Öffnung bleibt die Nickhaut gegen die Bewegung des Augenlides zurück, so dass der Rand der Nickhaut als schwarzer, fast senkrechter Strich über die helle Iris zieht.275 Somit beginnt die moderne Irisdiagnostik mit einem Irrtum des Entdeckers.
3.4. Entwicklung der heutigen Irisdiagnose
Peczely war ursprünglich Techniker und lernte während dieser Zeit bei seinem Schwager Dr. med. Gulyas, einem homöopathischen Arzt, die homöopathische Heilweise kennen. Daneben beschäftigte er sich noch als Heilkundiger. Er heilte seine Mutter von der Wassersucht, obwohl die behandelnden Ärzte sie aufgegeben hatten. Darauf wünschte sie, dass er Arzt werden solle, da er sicherlich eine große Begabung dazu habe. Peczely war jedoch schon 35 Jahre alt und wollte seinen Beruf nicht wechseln. Doch er war bereit, im Notfall mit Rat und homöopathischen Mitteln beizustehen. Er half vielen Kranken. Schon bald hatte es sich herumgesprochen, dass der junge Peczely ein „Wunderdoktor“ geworden sei.“‚
Der Gedanke, dass die Organerkrankungen an der Iris abzulesen seien, ließ ihn nicht mehr los. Er nahm sich vor, die Augen der ihn aufsuchenden Patienten genauer zu untersuchen. Allmählich kam er zu der Überzeugung, dass zwischen den Zeichen in der Iris und organischen Verletzungen oder funktionellen Störungen ein gewisser Zusammenhang bestehen müsse.277 So kam er von der Homöopathie zur Entwicklung eines Irisschlüssels, aus dem die Organbeziehungen zu der Iris hervorgehen sollten.
Mit 36 Jahren fing Peczely auf Drängen seiner Mutter an, in Wien Medizin zu studieren. Nach vier Semestern brach er das Medizinstudium ab 278 und promovierte anschließend zum Doktor der Medizin.279 Seine ärztliche Tätigkeit begann in Wien, wo er seine Augendiagnose ausbaute. Dann ging er zurück nach Budapest, wo er sie in seiner ärztlichen Praxis anwandte und in öffentlichen Vorträgen auf sie hinwies. Seine erste Schrift in deutscher Sprache erschien im Juli 1881 mit dem Titel „Entdeckungen auf dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. Anleitung zum Studium der Diagnose aus den Augen.“280 Damit stellte Peczely eine etwa 20 Jahre ausgeübte Methode in Form einer Broschüre in deutscher Sprache der Öffentlichkeit vor.
Nachdem die Homöopathen zunächst von der neuen diagnostischen Methode sehr begeistert waren, nahmen auch die Kritiker schnell zu 281 und einige wandten sich schon bald von dieser neuen Methode ab. Trotz aller Kritik strömten immer mehr hilfesuchende Menschen zu Peczely.282
Von unterschiedlichen Personen wurden in den folgenden Jahrzehnten immer wieder neue Irisschlüssel entworfen, die sich meist deutlich voneinander unterscheiden. Mittlerweile sind mindestens 19 Irisschlüssel entworfen worden.283 Eine Vereinheitlichung der Irisschlüssel ist nicht zu erwarten.
In den letzten Jahren wird die Irisdiagnose immer stärker mit der Homöopathie verzahnt. Es gibt Firmen, die ein ganzes „Heilsystem“ entwickelt haben, welches ermöglichen soll, nach der Diagnose ein „Rezept aus dem Auge“ zu verordnen.284 Empfohlen werden bestimmte Komplexhomöopathika (mehrere homöopathisch verdünnte Einzelsubstanzen werden zu einem Komplexmittel zusammengefügt). Dabei sollen sich die Einzelmittel in ihren Wirkungen gegenseitig verstärken.285 Entwickelt wurde dieses System vor über hundert Jahren vom Irisdiagnostiker Heinrich Hense und in der letzten Zeit wieder verstärkt der Öffentlichkeit vorgestellt.
3.5.Veränderungen der Iris
Die Irisdiagnostiker gründen ihre Diagnosen auf vermeintlichen Veränderungen der Regenbogenhaut, die mit der organischen Erkrankung parallel einhergeht. Verschiedene Autoren versuchen die Veränderungen vergeblich zu erklären.286
Nach Birch-Hirschfeld sind die „Zeichen“ der Irisdiagnostiker lediglich einfache Varianten der normalen Struktur und Färbung der Regenbogenhaut. Zusammenhänge zwischen ihnen und den Körperorganen lassen sich nicht konstruieren.287
Um doch zu beweisen, dass man an Veränderungen der Iris Krankheiten erkennen kann, untersuchten die Mediziner Vida und Deck 640 Patienten. Sie kamen zu folgender Schlussfolgerung:
„Im Endergebnis zeigt die Tabelle, dass wir in 74,4% der Fälle positive Beobachtungen machen konnten, bei 25,6% dagegen fanden wir keine Veränderungen in der Iris, obwohl klinisch eine Organerkrankung festgestellt wurde.“ 288
Steckt wirklich etwas hinter der Diagnose aus den Augen? Auf den ersten Blick sieht es so aus, deshalb wollen wir den Forschungsansatz kritisch analysieren:
a. Vida und Deck war schon vor der Untersuchung bekannt, welche Krankheiten die Patienten hatten. Folglich untersuchten sie nur das Gebiet der Iris, welches nach ihrem Irisschlüssel dem betroffenen Organ entsprechen sollte.
b. Vida und Deck hätten eine Kontrollgruppe untersuchen müssen, um zu sehen, wie die Iris in den jeweiligen Sektoren bei Gesunden aufgebaut ist. Das aber haben sie nicht gemacht.289
In diesem Zusammenhang ist sehr verwunderlich, dass der Heilpraktiker Rudolf Stolz (von der Vereinigung christlicher Heilpraktiker, VCH) im Idea-Spektrum erklärt, die Irisdiagnose liefere zu 74% „verwertbare diagnostische Hinweise.`290 Dies ist für ihn ein Argument zur Annahme und Anwendung der Irisdiagnose.
E. Volhard, unter dessen Leitung Vida und Deck diese Studie anstellten, ist sich sicher, dass die Erklärung für die angeblichen Iriszeichen gefunden wird 291 , doch ist bis jetzt trotz angestrengter Untersuchungen der wissenschaftliche Beweis nicht erbracht worden.
Dr. Heimersheim formuliert dies sehr treffend:
„Damit die Iris als Signalapparat für den Zustand der Körperorgane gelten kann, müsse eine Verbindung zwischen den „Irisfeldem“ und den einzelnen Organen bestehen. (..) Wohl liegt das Auge im Kreislauf des Blutes und im Strom der Säfte, es ist auch durch Nerven an die ihm übergeordneten Zentren gekoppelt, aber Nervenleitungen von den einzelnen Körperteilen zur Iris bestehen nicht Auch sonst ist keine stoffliche Grundlage für die geforderten Zusammenhänge vorhanden. 292
3.6. lrisfarbe
Die Augendiagnose legt ein großes Gewicht auf die Farbe der Regenbogenhaut (der Iris). Aus ihr schließt sie auf den Gesundheitszustand des Menschen. So schreibt zum Beispiel Dr. Stiegele:
„Das Studium der Farbveränderungen bietet nicht nur für die Erkennung, sondern auch für die Behandlung der Krankheiten wertvolle Hinweise.‘ 293
Nach Peczely und Liljequist sei nur die strahlend blaue Iris ein Zeichen von Gesundheit. Die Frage, warum dann Menschen mit blauen Augen überhaupt krank werden, bleibt unbeantwortet.
So werden bestimmten Farben genau festgelegte Krankheiten zugeordnet. Die Farben reichen von weißlich über goldgelb und rötlich blau bis hin zu schwarz-blau; insgesamt gibt es 32 verschiedene Farbtönungen.294 Diese Behauptungen sind ganz leicht zu widerlegen. Jeder braucht nur die Augenfarbe einiger seiner Bekannten oder Verwandten anzusehen. Mit dem Wissen um die persönlichen Krankheiten würde er schnell entdecken, dass die Verbindung zwischen den Farben der Iris und dem Gesundheitszustand nicht stimmen kann.
3.7. Irisschlüssel
Es existieren insgesamt 19 Irisschlüssel 295, in denen jedem Organ des Körpers und häufig auch Gemütsschwankungen oder Charakteren ein Feld in der Iris zugeordnet ist. Anerkennung findet in der Regel der Schlüssel, dessen Urheber beim jeweiligen Irisdiagnostiker besonders angesehen ist.296 Dr. Heimersheim bringt dies treffend auf einen Nenner:
„Die Tatsache, dass die Irisdiagnose jeder objektiven Grundlage entbehrt, wird wohl auch der Hauptgrund dafür sein, dass jeder Ausüber der Methode seine eigene Iriseinteilung (..) hat“ 297
Schulte erwidert, dass die Abweichungen nur klein und unbedeutend seien, weshalb es nicht weiter tragisch sei, dass gleich mehrere Irisschlüssel nebeneinander existieren. Es würde außerdem bald eine „Einheitsorientierungstafel“ geschaffen werden,“‚ was sich aber nicht im geringsten Maße andeutet. Ebenso ist auch nicht zu erwarten, dass die jeweiligen Schulen ihre eigene Position und damit ihren selbst entwickelten oder von ihrem Lehrmeister übernommenen Irisschlüssel aufgeben. So schreibt z.B. der deutsche Heilpraktikerverband, dass die Topographie Karte von Pezcely noch immer Gültigkeit habe299 , während andere diese Topographie für überholt ansehen. Birch-Hirschfeld nennt die Vielzahl der Irisschlüssel lediglich eine phantasievolle Spielerei.300
Um die Aussage von Schulte zu überprüfen, die Abweichungen bei den jeweiligen Irisschlüsseln seien nur gering, wurden sie miteinander verglichen. Von den 19 existierenden Irisschlüssel standen für die folgende Vergleichsstudie 16 zur Verfügung.301 Zunächst wurde die Gesamtzahl der Angaben in den 16 Irisschlüsseln (Summe: 2019) gezählt. Da die vorliegenden Irisschlüssel fast ausschließlich noch die Einteilung in 360° haben, wurde für die einzelnen Sektoren von den dort üblichen 100 Schritten ausgegangen. Für jeden dieser Sektoren (insgesamt 72, also 36 für die rechte und ebensoviel für die linke Iris) wurden die jeweiligen Angaben aus den Irisschlüsseln zusammengetragen. Dann wurde nach Übereinstimmungen zwischen den Iris-Schlüsseln in den jeweiligen Sektoren gesucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen den einzelnen Irisschlüsseln kaum Übereinstimmung besteht. Statistisch sind die geringen Übereinstimmungn nicht als bedeutend einzustufen.
Selbst wenn die Angaben (Organe) für richtig erklärt werden, die von mindestens drei (von 16 untersuchten!) Irisschlüsseln im gleichen Sektor genannt werden, ergibt sich ein Übereinstimmungs-Quotient von 51,9% (siehe kumulative Häufigkeit), d.h. eine Angabe ist richtig und eine ist falsch.
Nach Untersuchungen von Jancke an 150 Patienten mit ärztlich gesicherten Diagnosen ist es gleichgültig, wie der Irisschlüssel am Auge des Patienten angelegt wird, es ergibt sich jeweils eine ähnliche Trefferquote.303 Ähnliche Ergebnisse wurden auch von anderen Autoren beschrieben.304
Diese Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass die Irisdiagnose wissenschaftlich nicht haltbar ist. Munz spricht vom „Versagen der Irisdiagnose305, Hummel kommt zum Ergebnis, dass „sich mit eindeutiger Klarheit ergibt, dass die Methode … sich als völlig unbrauchbar erwiesen hat. „306 Dass die Irisdiagnose aber oft funktioniert, hat seine Ursache in der dahinter stehenden gottlosen Philosophie vom Mikro- und Makrokosmos.
3.8. Nachprüfung
Nicola Dem untersuchte im Rahmen ihrer medizinischen Doktorarbeit 101 Diabetiker, 100 Rheumapatienten und 103 operierte Patienten in der Weise der Iridologen. Als Kontrollgruppe wurden 85 Nichtdiabetiker und 90 Patienten ohne rheumatische Beschwerden untersucht. Die Ergebnisse sowohl in der Patienten- als auch in der Kontrollgruppe zeigen eine hohe Zahl an falsch positiven oder falsch negativen Diagnosen.
Hier würde von Irisdiagnostikern der Vorwurf gemacht werden, dass es sich bei den Untersuchern nicht um Irisdiagnostiker handelt. Aber es gibt auch aussagekräftige Ergebnisse über Diagnosen von Iridologen. Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht von den oben Angeführten.308 Es ergibt sich insgesamt die Wahrscheinlichkeit an einem vorher definierten Organ krank zu sein von etwa 1:1. D.h. von Irisdiagnostikern werden ungefähr genau so viele Gesunde für krank wie Kranke für gesund erklärt.
Im Zeitraum von 1979 bis 2005 wurden verschiedene klinische Studien durchgeführt. Bei allen Untersuchungen wurde nur eine im Rahmen der Zufalleserwartung liegende Treffsicherheit gefunden.309
Es überrascht daher nicht, dass sich auch hohe Gerichte mit dieser Diagnostik auseinandersetzten mussten. Der Oberste Gerichtshof in Österreich hat im Frühjahr 2007 nach einer Untersuchung festegestellt, dass die Irisdiagnose eine „nicht-wissenschaftliche Methode“ ist.“310 Die Konsequenz daraus ist, dass diese Diagnostik nicht nur von Ärzten, sondern auch von anderen Berufsgruppen angewandt werden darf. Damit wurde der Weg in Österreich zur Ausbildung zur/zum Iridologin/Iridologen geebnet.
3.9. Anatomische Grundlagen
Der Heidelberger Arzt Lang veröffentlichte 1954 ein Buch über die anatomischen und physiologischen Grundlagen der Irisdiagnose. Er meint Zusammenhänge zwischen der Innervation der Iris und den einzelnen Organen gefunden zu haben.311 Diese Arbeit wurde von Rohen und seinen Mitarbeitern widerlegt. Sie wiesen nach, dass fehlende Zwischenglieder willkürlich ergänzt wurden und nicht auf eigenen Untersuchungen von Lang aufbauten.312 Trotzdem wird die Arbeit von Lang als Beweis für die Irisdiagnose auch heute noch von den Verfechtern zitiert.
Die Nervenbahnen aus den Körperregionen kreuzen sich, so dass in der rechten Iris die linke Körperpartie abgebildet sein müsste. Farbflecken und Pigmente in der Iris sind normale, wenn auch individuell verschiedene Phänomene. Sie stehen mit keinerlei inneren Krankheiten in Verbindung.313
3.10. Gerichtsurteil
Irisdiagnostiker beschäftigten schon häufiger die Gerichte: 1909 fand auf Veranlassung des Chirurgen Garre der so bekannt gewordene Prozess („Felke-Prozess“) gegen den Pastor Erdmann Leopold Stephanus Emanuel Fe (1856-1926) statt. Vor einem Ärztekollegium musste er 20 Fälle untersuchen, wobei er nur die Augen betrachten durfte. Er kam bei nur vier Patienten zu einer annähernd richtigen Diagnose“‚. Ein Berichterstatter schrieb:
„Was Felke leistete, war bodenlos falsch und unsinnig. 315
Er wurde aber freigesprochen, da er in gutem Glauben gehandelt habe. Es könnten noch weitere ähnliche Fälle erwähnt werden.
3.11. Die Bewertung aus christlicher Sicht
Nachdem wir nun gesehen haben, dass die Irisdiagnose überhaupt keine wissenschaftliche Grundlage hat,316 wollen mir uns näher mit den religiös-philosophischen Hintergründen beschäftigen.
Zunächst steht dahinter der Gedanke, dass es gleichgültig ist, womit eine Krankheit festgestellt oder behandelt wird, wichtig sei:
„die Einsicht, dass man das Gute, das dem gesamten Volk und der gesamten Volksmedizin dienlich ist, nehmen soll, woher es komme! „(Hervorhebung durch den Verfasser).317
Der erwähnte Gedanke scheint auf den ersten Blick richtig zu sein, jedoch widerspricht er fundamental dem christlichen Denken. Die Bibel lehrt uns, dass es dem Menschen in keiner Weise nützt, wenn er sogar „die ganze Welt gewinne“.318 Daher ist der Gedanke, um jeden Preis gesund werden zu wollen, letztlich fatal. Es geht nämlich nicht in erster Linie um die Gesundheit des Leibes, sondern um eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus als Erlöser.
Hinter der Irisdiagnose steht, genauso wie bei der Fußreflexzonenmassage, die Lehre, dass der Mensch ein Teil des Universums sei und von diesem beeinflusst werde. Die Gesamtheit der Lebewesen und Pflanzen bilde den universellen Gott. Das Auge soll als ein Mikrokosmos im Makrokosmos des Menschen gesehen werden.319 Schon Ignatz von Peczely hatte diese Sichtweise: „Das Auge ist nicht nur der Seele-, es ist auch des Körpers Spiegel.320 Es wird in dieser Lehre ferner als Öffnung der Seele zum Universum hin verstanden, so dass sich darin (im Auge) der ganze Kosmos widerspiegelt. Hierzu schreiben die schon häufig zitierten Ärzte Vida und Deck:
„Nach Libra 321 sind Erscheinungen an der Iris nicht (..) Folgen der Organstörungen, sondern Erscheinungen, die den Organerkrankungen parallel laufen. Beide sollen durch das kosmische Geschehen erzeugt werden. Die Parallelität dieser Krankheitsäußerung ist eine Vorstellung, die (..) auch heute noch der ernsthaften Erwägung wert ist“ 322
Die Autoren halten diese Lehre nach wie vor für durchaus richtig. Dies zeigt uns ganz klar, dass es sich bei der Irisdiagnose nicht nur um eine harmlose Idee von Peczely handelt, sondern dass sich dahinter ein unbiblisches Weltbild verbirgt.
Bei der Diagnose sprechen die Iridologen häufig von „Ersehen“ der Irisveränderungen. Das „Ersehen“ wird folgendermaßen gedeutet: aus einer Beobachtung zu einem Schluss kommen. E. Volhard schreibt in diesem Zusammenhang:
„Das Wort wird auch oft dann angewandt, wenn das, woraus etwas zu ersehen ist gar nichts Sichtbares ist.`323( … ) Auf das Ersehen kommt es ja mehr an als auf das Sehen. (… ) Gesehen haben unendlich viele Ärzte – auch Augenärzte – die Iriszeichen, aber ersehen haben nur die Irisdiagnostiker, dass diese Zeichen gebunden sind an irisferne Erkrankungen des Körpers und dass diese Zeichen Wegweiser sein können zu dem erkrankten Organ.324
Nach diesem Zitat geht es beim Erkennen der Krankheiten aus der Iris, nicht um das offensichtliche Erkennen der Veränderungen an der Iris. Dr. Heimersheim schreibt dazu: Es ist „keine stoffliche Grundlage für die geforderten Zusammenhänge vorhanden.“325
Hier bewegen sich die Irisdiagnostiker in einem okkulten Bereich. Wenn es keine Verbindungen auf stofflicher Grundlage gibt, dann müssen diese geforderten Verbindungen geistiger Art sein. Es wird, wie weiter oben zitiert, etwas herausgelesen, was nicht sichtbar ist. Das ist nichts anderes als die von der Bibel verbotene Wahrsagerei:
„Wenn du in das Land kommst, das der Herr, dein Gott, dir gibt, dann sollst du nicht lernen, es den Gräueln dieser Nationen gleichzutun. Es soll unter die niemand gefunden werden, der seinen Sohn oder Tochter durchs Feuer gehen lässt, keine; der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier, oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager, oder der die Toten befragt. Denn ein Gräuel für den Herrn ist jeder, der diese Dinge tut.“ 326
Auch folgendes Zitat von P.A. Jaensch zeigt uns eindrücklich, dass es bei den Irisdiagnostikern nicht immer mit rechten Dingen zugeht:
„Einige Experimente zeigen uns einwandfrei, dass es ein gewisses Hellsehen gibt. ( …) Oft ist ein tiefer Trance-Zustand notwendig, wenn Ergebnisse erzielt werden sollen. Die Medien sind nach dem Versuch meist schwererschöpft. 327
Das eben Gesagte trifft nicht auf alle Irisdiagnostiker zu. Es gibt eine ganze Reihe, die das Okkulte ablehnen, aber trotzdem müssen wir uns hüten, zu ihnen zur Diagnose oder zur Behandlung zu gehen, denn der Hintergrund der Irisdiagnose ist mit der biblischen Botschaft nicht ein Einklang zu bringen.
Hier sei noch gesagt, dass die Augenkrankheiten des Auges wie beispielsweise der graue oder grüne Star selbst am Auge erkannt werden können, was jedoch nichts mit der Reflexzonenlehre zu tun hat, die wir konsequent ablehnen. Weiter ist das Spiegeln des Augenhintergrundes zu nennen, die zu einer absolut vertretbaren, wichtigen, „normalen“ Untersuchung der Schulmedizin gehören. Dabei werden die Blutgefäße im Auge, der blinde und der gelbe Fleck sowie der Austrittspunkt des Sehnerven untersucht. Beim Anpassen von Kontaktlinsen wird häufig durch ein Augen-Mikroskop die Beschaffenheit der Oberfläche der Hornhaut untersucht, denn die Kontaktlinse muss überall der Hornhaut aufliegen, da sonst die Wirkung dieser Zusatzlinse drastisch verringert wird. Dies ist eine normale medizinische Untersuchung und deshalb auch zu bejahen.
Ebenso kann an den Augen z.B. Gelbsucht erkannt werden. Das hängt aber damit zusammen, dass der Gallenfarbstoff Bilirubin auf weißem Hintergrund am Besten zu sehen ist. Wäre unsere Haut genauso hell wie das Auge, würden wir sehen, dass sich dieser Farbstoff auch dahin ablagert. Da die Haut in der Regel dunkler als das Auge ist, ist dort die Gelbsucht nicht so leicht zu erkennen. Auch das hat keine Gemeinsamkeiten mit dem Ersehen der Krankheiten oder der Reflexzonenlehre.
3.12. Zusammenfassung
Die Irisdiagnose ist eine sehr alte Methode, welche Ende des 19. Jahrhunderts von dem ungarischen Arzt und Naturheilkundler Ignatz von Peczely wieder entdeckt und publiziert wurde. Mehrfach durchgeführte Untersuchungen (s.o.) von Ärzten und Irisdiagnostikern zeigen, dass die Irisdiagnose wissenschaftlich nicht haltbar ist. Entweder werden extrem oft richtige Diagnosen übersehen oder aber es werden falsche Diagnosen gestellt. Die Wahrscheinlichkeit für richtige Diagnosen liegt in der Regel bei höchstens 50%. Somit ist die Anwendung der Irisdiagnose gefährlich, auch wenn der Diagnostiker versucht, sich vom okkulten Hintergrund der Methode zu trennen. Arbeitet der Diagnostiker bewusst mit okkulten Methoden, setzen wir uns leichtsinnigerweise dämonischen Einflüssen aus. Zusammenfassend kann nur eindringlich vor jeglicher Anwendung der Irisdiagnose gewarnt werden.
mit freundlicher Genehmigung aus „Alternative Heilverfahren – Hilfe oder Gefahr?“, vom Arbeitskreis biblischer Ethik in der Medizin ABEM
Fußnoten
263 Veröffentlichung auch in russischer Sprache: Ne’umwakin, I.P.: Wasserstoffperoxid, Mythen und Realität. Verlag Dilya: Moskau/St. Petersburg 2007, S.125.
264 Handbuch Die Andere Medizin. Stiftung Warentest Berlin 1996. 4. Aufl., S.315.
265 AOK-Information 2007.
266 medizin heute 9/89, S.32.
267 AOK-Information 2007.
268 Die Angaben über sein Geburtsjahr schwanken in der Literatur zwischen 1822-1829. Sehr wahrscheinlich ist er 1827 geboren. Denn Peczely schreibt, 1838 von einer Eule angegriffen und verletzt worden zu sein. Zu diesem Zeitpunkt war er nach mehrfach bestätigten Angaben elf Jahre alt.
269 Thiel, R. (Hrsg.): Irisdiagnostik, eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes. Ferdinand Enke Verlag: Stuttgart 1955, 22. Heft, S.27.
Ebenso: Prokop, Otto (Hrsg.): Medizinischer Okkultismus. Paramedizin. 3.Aufl. VEB Gustav Fischer Verlag: Jena 1973, S.36.
270 Salzer, F.: Augendiagnose und Okkultismus. Reinhardt Verlag: München 1926.
271 Vida, F./Deck, J.: Klinische Prüfung der Organ- und Krankheitszeichen in der Iris. Karl F Haug Verlag: Ulm-Donau 1954, S.15.
272 Thiel, S.28: Auch dabei soll der gesamte Körper des Menschen auf eine genau definierte Stelle am Körper (z. B. Finger- und Zehennagel, Zunge, Hand, Fuß etc.) abgebildet sein.
273 Ebd., S1.
274 Ebd., S.2.
275 Wöhlisch v. Peczely, E. Ignaz: Das Eulenauge und das Mysterium der Irisdiagnostik. Deutsche Medizinische Wochenschrift Nr. 82. 1957, S.970.
276 Schulte, Karl: Enzyklopädie der Irisdiagnostik. Ohne Ortsangabe 1938, S.11+12.
277 Ebd., S.12.
278 Prokop, S.37.
279 Damals war zur Promotion (Erlangung des Doktortitels) in der Medizin kein Staatsexamen erforderlich.
280 Peczely, I.: Entdeckung auf dem Gebiet der Natur- und Heilkunde. Anleitung zum Studium der Diagnose aus den Augen. Tettey Verlag: Budapest 1881.
281 Homöopathische Arbeitsblätter 2/1887 in: Thiel, S.3-4.
282 Schulte, S.15.
283 Thiel, S.3-4.
284 www.truw.de (16.07.2007).
285 www.truw.de (16.07.2007).
286 Thiel, S.15.
So auch Herget, H.F./Schimmel, H.W.: Grundsätzliches zu Zeichen und Pigmenten in der Iris und deren physiologische Zusammenhänge. Das Rezept aus dem Auge. 8.Aufl. Pascoe Verlag: Gießen 1990, S.130.
287 Thiel, S.5-6
288 Vida/Deck, S.265.
289 Prokop, S.52-53.
290 Stolz, Rudolf in: Homöopathie – Heilen mit nichts? Christliche Heilpraktiker nehmen Stellung zur Naturheilkunde, Augendiagnose sowie okkulten Praktiken. Idea-Dokumentation 45/84, S.8. Sowie Idea-Spektrum 48/84.
291 Ebd. S.7.
292 Schulte, S.32.
293 Ebd., S.15.
294 Ebd., S.76.
sowie Schumann, Emmy: Augendiagnose. Hermann Bauer Verlag: Freiburg i.Br. 1962, S.23-24.
295 Hommel, Hans: S.23-24.
296 Thiel, S.67.
297 Ebd., S.69.
298 Schulte, S.32.
299 heilpraktikerverband.de (16.07.2007).
300 Thiel, S.11.
301 Schulte, S.475-546.
303 Jancke, G. in: Dem, Nicola: Über die Irisdiagnostik, Inaugural-Dissertation. Marburg 1984, S.45.
304 Bahmann, Ingeborg: Zur Irisdiagnostik Inaugural-Dissertation. München 1954.
305 Munz, Erwin: Beitrag zur klinischen Nachprüfung der Irisdiagnose, Inaugural-Dissertation, Greifswald 1941.
306 Hummel, Edgar: Hält die Irisdiagnose einer ernsthaften Nachprüfung stand? Inaugural-Dissertation, Breslau 1936.
307 Dem, Marburg 1984.
308 medizin heute 9/89, S.31
309 wikipedia.org (16.07.2007).
310 www.pressetext.au
311 Lang, W.: Die anatomische und physiologischen Grundlagen der Irisdiagnostik. Haug Verlag: Ulm 1954.
312 Rohen, J. in Jaensch, P.A.: Irisdiagnostik – Eine augenärztliche Kritik (Bücherei des Augenarztes). Heft 22. Enke Verlag: Stuttgart 1955.
313 AOK-Information Juli 2007.
314 medizin heute, S.33.
315 Vida/Deck, S.16 sowie Hommel, S.12.
316 Peczely schrieb selbst 1873: „Meine Entdeckung war nicht die der Wissenschaft, sondern die Geburt eines Zufalls.“ (Nach Lindemann, Günther: S. 17.)
317 Schulte: S.19.
318 Matthäus 16,26.
319 Thiel, S.28.
320 Peczely, Ignatz von: Satz auf dem Deckblatt des Originalwerkes.
321 Er war im 19. Jahrhundert Astrologe, d.h. Sterndeuter. Zu unterscheiden vom Astronom, der sich mit dem wissenschaftlichen Erforschen der Gestirne beschäftigt.
322 Vida/Deck, S.15-16.
323 Ebd., S.6.
324 Ebd. S.7.
325 Schulte, S.32.
326 5.Mose 18,9-12.
327 Thiel, S.30
Ich erinnere mich noch, dass ich als Kind ( mit ca. 11 Jahren, hatte damals eine Herzmuskelentzündung) bei einem Irisdiagnostiker war. Meine Eltern wollten mir damit helfen. Mein Vater lies sich auch gleich einen Termin geben. Mir wurden eine Menge Medikamente verschrieben, die nicht gerade billig waren und die meisten davon sind mir nicht bekommen und besser ging es mir dadurch auch nicht. Es wurde uns zwar gesagt, dass diese Behandlungen Zeit brauchen, aber es geschah nichts. Nur das Geld war weg. Das war so in Kürze meine Erfahrung. Jesus kostet nichts und ist jederzeit erreichbar und Du musst nicht Kilometerweit fahren, um mit IHM reden zu können. Er wartet nur darauf, dass wir uns an IHN wenden. Halleluja.
Gott segne Euch alle
Ilona Christl